Interdisziplinär und generationsübergreifend

Interview mit Prof. Dr. Reinhard Büttner, Köln, Kongresspräsident des DKK 2024

Prof. Dr. Reinhard Büttner, Direktor des Instituts für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie an der Uniklinik Köln
© Peter-Paul Weiler

In der Onkologie im deutschsprachigen Raum ist der Deutsche Krebskongress in Berlin (DKK) eine feste Größe im Kongresskalender. Veranstaltet wird er von der Deutschen Krebsgesellschaft und der Stiftung Deutsche Krebshilfe. Der nunmehr 36. DKK findet vom 21. bis 24. Februar 2024 im Citycube Berlin statt und steht unter dem Motto „Fortschritt gemeinsam gestalten“. Im Interview verrät Kongresspräsident Prof. Dr. Reinhard Büttner, Direktor des Instituts für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie an der Uniklinik Köln, welche Gründe für einen Kongressbesuch sprechen und welche Sitzungen er nicht verpassen möchte.

Sehr geehrter Professor Büttner, welches sind die drei wichtigsten Gründe, den DKK besuchen?
Prof. Dr. Reinhard Büttner: Erstens: Alle, die sich mit der Onkologie beschäftigen, wissen, wie unabdingbar der interprofessionelle
Austausch ist. Und der DKK steht für gelebte Interdisziplinarität. Die Besucher*innen haben die Möglichkeit, die neuesten Erkenntnisse zu allen relevanten Themen von A–Z zu erhalten, sei es Brustkrebs, Pathologie, Pflege oder Präventionsforschung bis hin zu viszeralonkologischen Erkrankungen. Und sich direkt mit den Kolleg*innen auszutauschen, zu vernetzen und so das Wissen zu erweitern und auch weiterzutragen. Dabei sind von jeher alle Sitzungen interdisziplinär oder sogar multiprofessionell besetzt, das ist sehr besonders.
Zweitens: die Inhalte. Auf dem DKK wird es mehr als 300 Sitzungen verschiedener Formate geben, darunter Fortbildungen, Tumorkonferenzen, Falldebatten. Highlight sind sicherlich die 14 Plenarsitzungen mit 20 internationalen Keynote Speakern zu spannenden medizinischen Inhalten. So diskutieren wir etwa über neue Perspektiven für die Lungenkrebsdiagnostik, über Nebenwirkungsprofile von Immun-Checkpoint-Inhibitoren und über den Einsatz von PARP-Inhibitoren beim Eierstockkrebs. Es gibt auch ganz neue Themenfelder, über die wir sprechen: Epigenetik und Metabolomic.
Drittens: Wir machen die Onkologie fit für die Zukunft. Die Studierenden, die sich für Onkologie interessieren, und der onkologische Nachwuchs werden in einem ganz anderen medizinischen und technologischen Status quo arbeiten, als wir es derzeit tun. Die Herausforderungen für den Nachwuchs werden groß sein. Wir leisten auf dem DKK einen Beitrag, um sie dafür zu stärken. So gibt es speziell auf diese Zielgruppe zugeschnittene Formate, wie den Tag der jungen Onkolog*innen und den Studierendentag.

Sie sprachen bereits einige Sitzungen an – was sind Ihre persönlichen Highlights?
Als Pathologe freue ich mich, dass meine Fachdisziplin in vielen Sitzungen vertreten ist. Denn die Pathologie ist für die personalisierte Krebsmedizin unabdingbar. Die Verknüpfung von KI und Pathologie ist für mich ein zukunftsweisendes Thema, das sich auch im DKK-Programm wiederfindet. Ein Highlight wird für mich daher die Keynote von Prof. Dr. Manuel Salto-Tellez, Leiter der Molekularpathologie an der Queen’s University Belfast. Seine Arbeit in der digitalen Pathologie und der morpho-molekularen Diagnostik ist für ganz Europa, die USA und letztendlich weltweit wegweisend. Auch die Sitzung „Künstliche Intelligenz in der Onkologie“ greift die Thematik auf. Hier wird diskutiert, welche Möglichkeiten der Einsatz von KI-Systemen in der Endoskopie, der Strahlentherapie und der Chirurgie bietet. Spannend wird sicherlich auch die Keynote von Prof. Dr. George J. Netto von der University of Alabama in Birmingham (USA) zu dem Thema „Vision of the future path lab“.

Auf politischer Ebene ist die Krankenhausreform in aller Munde – inwieweit spielt das Thema auch auf dem DKK eine Rolle?
Die Krankenhausreform ist für die onkologische Versorgung ein wichtiges Thema, denn hier geht es nicht zuletzt um die Qualität einer Krebsbehandlung. Die Deutsche Krebsgesellschaft hat sich deshalb auch mit politischen Stellungnahmen in den Diskurs eingebracht und immer wieder auf die etablierten Qualitätsstandards in der Zertifizierung und der Leitlinienarbeit und deren Evidenz verwiesen. Neben Sitzungen zur Zertifizierung und zur Leitlinienarbeit befassen wir uns auf dem DKK ganz konkret mit der Thematik. Unter dem Titel „Revolution der Krankenhausvergütung“ wird diskutiert, welche Auswirkungen die Krankenhausreform auf die ambulante Versorgung haben wird. Insgesamt gibt es eine ganze Reihe gesundheitspolitischer Sitzungen auf dem DKK. Einige politische Sessions stehen zwar schon im Programm, bekommen ihr Thema aber erst in den kommenden Monaten – um besonders aktuell zu sein.

Welche persönlichen Ziele haben Sie sich für den DKK gesetzt?
Drei Ziele stehen für mich zentral. Ein Anliegen ist, mit dem DKK den Wissenszuwachs für alle onkologisch Tätigen zu fördern und Impulse für die Arbeit von morgen zu setzen. Ein weiteres Ziel ist, den interdisziplinären und interprofessionellen Austausch zu stärken. Denn die therapeutischen und diagnostischen Optionen sind für den einzelnen Experten oder die einzelne Expertin allein nicht mehr überschaubar. Deswegen benötigen wir in der Onkologie den Austausch – über die Fächergrenzen hinweg. Dieser Ansatz zeigt sich auch im Kongressmotto „Fortschritt gemeinsam gestalten“. Zudem soll mit dem DKK auch der generationsübergreifende Dialog gestärkt werden. Wir möchten den Nachwuchs für die Onkologie begeistern, Karriere- und Forschungsmöglichkeiten aufzeigen. Ich bin mir sicher, dass uns das mit dem vielfältigen und anspruchsvollen Programm gelingen wird.

Quelle: FORUM - Mitgliedermagazin der Deutschen Krebsgesellschaft

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